Profi-Sportler:innen und Musiker:innen hört man gelegentlich sagen, dass sie ihr Hobby zum Beruf gemacht haben. Von Ingenieur:innen kommt ein solcher Satz hingegen eher selten. Eine Ausnahme ist Leonard Lapis, Ingenieur bei thyssenkrupp Steering. „Schon seit ich Kind war, haben mich Autos fasziniert“, sagt der gebürtige Ungar, der in der Nähe von Budapest aufgewachsen ist. „In meinem Zimmer stapelten sich Broschüren und Prospekte internationaler Automobilhersteller, und ich verschlang die Berichte in einschlägigen Fachzeitschriften. Deutsch habe ich mit ,Auto Motor Sport‘ gelernt“, erzählt Lapis. „Seit dieser Zeit sind Autos mein Hobby.“

Für den heute 38-Jährigen kam deshalb auch nur ein Beruf infrage, der etwas mit Autos zu tun hat. Lapis studierte Maschinenbau mit Schwerpunkt Fahrzeuge. Seinem ersten Job bei thyssenkrupp in Budapest folgte eine Beschäftigung bei Audi, bevor er 2016 zu thyssenkrupp zurückkehrte – nach Eschen in die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Steering. Heute leitet er als Senior Specialist Chassis Controls ein sechsköpfiges Team, das sich mit nichts Geringerem als der Zukunft der Automobilität beschäftigt. Seine Kollegen (es sind derzeit tatsächlich nur Männer) und er sind für die Konstruktion und den Einsatz der Testfahrzeuge der Modular Research Platform (MRP) zuständig. Mit den Fahrzeugen, die entfernt an Strandbuggys erinnern, erprobt thyssenkrupp Technologien, die zum Beispiel für das autonome Fahren wichtig sind. „Es geht um Fahrdynamikfunktionen wie Lenkung, Bremse, Antrieb und Fahrwerk“, sagt Lapis.

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Leonard Lapis vor einem Testfahrzeug

Und es geht um Sicherheit und Komfort. Lapis erzählt, wie sein Team gerade an einem System forscht, das die Lenkungsfunktion auf die Bremsen überträgt – falls während der Fahrt die eigentliche Lenkung ausfällt oder gestört ist. Was sich wie Magie anhört, ist möglich, weil bei der Steer-by-wire genannten Lenkung keine mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und gelenkten Rädern besteht, sondern der Lenkimpuls von einem elektronischen Sensor übertragen wird. Nebeneffekt des Systems: Wenn es beim autonomen Fahren während des Spurwechsels eingesetzt wird, erhöht das neben der Sicherheit auch den Fahrkomfort. „Das Fahrzeug gleitet dann deutlich sanfter in die angesteuerte Richtung“, sagt Lapis.

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thyssenkrupp entwickelt Komponenten für Steer-by-wire

Noch ist das alles Zukunftsmusik. Der Einsatz von Steer-by-wire in Serienfahrzeugen ist noch kaum verbreitet, die Technologie der Lenkungsübertragung könnte in drei, vier Jahren marktreif werden, meint Lapis. Sein Team arbeitet eng mit verschiedenen Automobilherstellern wie Honda, BMW und Mercedes zusammen. „Wir können mit den MRPs die Fahrwerkkomponenten vieler gängiger Modelle simulieren und unsere Entwicklungen unmittelbar darauf abstimmen“, sagt der Ingenieur.

Momentan werden zwei Fahrzeuge eingesetzt, beide verfügen über einen elektrischen Antrieb. Lapis hat an der Entwicklung beider MRPs mitgewirkt. Im Wesentlichen entwickelte er die modular Softwarearchitektur passend für die agilen Forschungszwecke. Bis zu zehn Wochen im Jahr ist er mit ihnen auf Teststrecken in Europa unterwegs – von Arjeplog am Polarkreis in Schweden über Zalazone in seiner Heimat Ungarn bis ins süditalienische Nardo.

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Leonard Lapis, ausnahmsweise nicht am Steuer, sondern am Laptop

„An Testtagen sitze ich zwischen sechs und acht Stunden hinter dem Steuer“, erzählt Lapis, der neben seinem Diplom eine umfassende Testfahrerlizenz besitzt. Er hat unter anderem bei BMW und Audi mehrere Fahrtrainings absolviert, die es ihm erlauben, Fahrzeuge auf unterschiedlichen Untergründen zu testen, auch bei hoher Geschwindigkeit und in instabilen Fahrbereichen. „Spektakulär war das Wintertraining auf dem Gletscher in Sölden“, erinnert sich Lapis. Er ist inzwischen geübt darin, in nahezu jeder Fahrsituation angemessen zu reagieren. „Ich muss das Fahrzeug beherrschen, selbst wenn bei hohem Tempo ein Fehler auftritt oder ich durch irgendetwas abgelenkt werde“, sagt er.

Die Testfahrten in den MRPs sind Highlights in seinem Job. „Du musst jede Sekunde konzentriert sein“, sagt er, „aber die eigenen Erfindungen auf der Strecke zu testen, macht unglaublich viel Spaß.“ Und als erfahrener Pilot kann er schon während der Fahrt einschätzen, wie gut sie funktionieren. „Du spürst, wie das Fahrzeug reagiert und ob es das tut, was es Deiner Vorstellung nach tun sollte.“

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Unterwegs mit seinem jungen Oldtimer von Mercedes

Auch in seiner Freizeit steuert Leonard Lapis gerne besondere Autos. So besitzt er zum Beispiel einen 40 Jahre alten Mercedes 380 SL, mit dem er in den Urlaub fährt. „Ich war mit dem Oldtimer schon in einigen europäischen Ländern unterwegs“, erzählt er. So ist das eben, wenn der Beruf zugleich das Hobby ist.

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