Mit we.talk startet heute ein neues internes Video-Podcast-Format von thyssenkrupp. Bei we.talk wollen wir uns unterhalten – über thyssenkrupp, unsere Unternehmensgruppe und über das, was uns bewegt. Premieren-Gast ist Martina Merz. In der ersten Ausgabe fragen wir unsere Vorstandsvorsitzende, wie es ihr bei thyssenkrupp geht, und sprechen mit ihr über den laufenden Veränderungsprozess: Was haben wir bereits erreicht? Was sind die Chancen, was die Herausforderungen? Wo müssen wir besser werden? Und was ist in Zukunft von thyssenkrupp zu erwarten? 

we.talk kommt wieder: In loser Folge, mit interessanten Gesprächspartner:innen und Themen rund um thyssenkrupp. Wir hoffen, dass es Ihnen gefällt!

Hallo und herzlich Willkommen. Mein Name ist Stefan Ettwig und ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserem we.talk-Podcast. we.talk – wie der Name schon sagt, wir wollen uns heute unterhalten über thyssenkrupp, über unsere Unternehmensgruppe und über das, was uns bewegt. Unser Gast im Studio: Martina Merz. Natürlich alles streng Corona-konform, wir sind getestet. Frau Merz, ich finde es sehr schön, dass Sie für uns Zeit haben. Hallo, herzlich willkommen.

Danke schön. Gerne, Herr Ettwig.

Frau Merz, Halbjahreszahlen, Quartalszahlen, Investoren-Calls, jetzt noch die Aufsichtsratssitzung. Wie geht´s Ihnen denn bei tyhssenkrupp eigentlich?

Mir geht´s gut. Ich fühle mich wohl bei thyssenkrupp, fühle mich wohl mit der Aufgabe, wohl mit den Menschen. Natürlich wie viele jetzt nicht so wohl mit Corona. Aber tatsächlich waren es zuletzt anstrengende Tage. Tage, an denen man viel über das Unternehmen redet und man dann auch nochmal selbst ein bisschen reflektiert. Meine Wahrnehmung ist, dass ich nach wie vor Zuversicht empfinde und auch die Kraft spüre, die in dem Unternehmen steckt.

Wenn man mit dem Aufsichtsrat redet, ist das eine Art Berichterstattung – da wird man ja als Vorstand nicht die ganze Zeit gelobt. Das Nr.1-Ziel in der Diskussion bleibt der positive Free Cash Flow. Was heißt, dass wir einfach mehr Mittel einnehmen müssen als wir ausgeben. Das ist jetzt unser Nr.1-Ziel. Wir haben uns das größte Restrukturierungsprogramm der Firmengeschichte verabreicht, was natürlich schmerzlich ist in weiten Teilen. Viele Kollegen von uns sind betroffen, verlassen das Unternehmen oder haben es schon verlassen. Wir sind tatsächlich mitten in einer schwierigen Phase. Wir transformieren uns, um uns zu verbessern. Und aus dieser Verbesserung werden wir dann auch unsere Zukunftspotenziale erschließen können. Die Zukunftsziele sind Wachstum und ein klimafreundlicheres Unternehmen zu werden.

Unsere Mitarbeitenden haben Sie gerade schon angesprochen. Seit heute morgen sind die ersten Ergebnisse des Pulse Checks veröffentlicht. Man kann sagen: ein Großteil oder viele der Mitarbeitenden haben sich in die Mitte gelegt. Das ist auf der einen Seite erstmal ein Indiz dafür, dass da Potenzial nach oben ist. Auf der anderen Seite muss man, glaube ich, auch konstatieren, dass es einige Unsicherheiten in der Belegschaft gibt. Wie würden Sie das einordnen in der Transformation?

Ich habe mich erstmal sehr gefreut über die hohe Beteiligungsquote beim Pulse Check. Das Werkzeug haben wir im Unternehmen selbstgebaut und nicht viel Geld dafür ausgegeben. Viele Mitarbeiter haben es genutzt und die Ergebnisse sind für uns Basis dafür, wie unsere Mitarbeiter sich einbringen wollen in die Weiterentwicklung des Unternehmens. Sicher ist jeder von uns als Mensch im privaten Umfeld betroffen, denn die Lage von thyssenkrupp geht einfach an niemandem vorbei. Man wird gefragt: „Wie geht´s euch, schafft ihr das?“ Ich denke das prägt die Ergebnisse des Pulse Check. Aber ganz unterm Strich motiviert mich dieser Pulse Check sehr.

Die Mitarbeitenden haben zwei Dinge angesprochen, die beide superwichtig sind. Eine Sache ist, dass sie empfinden, dass wir als Führung noch nicht glaubwürdig genug sind. Der zweite Punkt, der mich sehr freut, ist, dass die Mitarbeiter uns sagen, dass sie sich mehr einbringen wollen. Nach dem Motto: „Ihr, Führung, ihr müsst uns auch sagen, was Sache ist und ihr müsst für uns als Gesprächspartner zur Verfügung stehen.“ Und andererseits: „Wir wollen uns mehr einbringen.“ Was wünscht man sich eigentlich mehr in so einer Phase, als dass Mitarbeiter sich mehr einbringen wollen? Das finde ich toll. Und das hilft natürlich auch, weil thyssenkrupp viele Jahre einfach nicht mehr das abgeliefert hat, was man vorher versprochen hat. Ich glaube, da kommen wir voran. Es wird wahrgenommen, dass wir auch wirklich einhalten, was wir versprechen. Wir haben das mit „Regain trust“ übertitelt – also mit Wiedergewinnung von Vertrauen. Und auch da denke ich, kommen wir voran. Auf dem Weg wollen wir unbedingt bleiben.

Stichwort Vorankommen, wo stehen wir jetzt aus Ihrer Sicht? Was sind die Herausforderungen, Aufgaben, Chancen?

Also die absolute Nr.1-Herausforderung – also 1, 1 und 1 – ist einfach mehr einzunehmen als auszugeben. Das ist nun mal der Sinn eines Unternehmens, alles andere ist wirklich wertvernichtend. Im nächsten Jahr wollen wir unbedingt die Nulllinie im Mittelverbrauch durchschreiten. Das hat für uns wie gesagt dreimal Priorität 1. Dabei hilft aus meiner Sicht ganz besonders, dass wir thyssenkrupp umbauen zu einer Gruppe von Unternehmen. Diese Unternehmensgruppe basiert sehr stark auf der Leistungsfähigkeit der einzelnen Geschäfte. Diese Geschäfte sollen sich spezialisieren auf ihren Wettbewerb.

Die Idee, dass thyssenkrupp eine Gruppe von leistungsfähigen, erfolgreichen Unternehmen ist – das ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Wir müssen unserem eigenen Anspruch gerecht werden, dass wir zu den führenden Anbietern gehören. Und führender Anbieter ist man nur, wenn man keine Lücke mehr zum Wettbewerb hat – und zwar in mehreren Eigenschaften: Man will so profitabel sein, man will so leistungsfähig sein, man will technisch so leistungsfähig sein, und auch so tolle Produkte abliefern wie der Wettbewerb. Ich glaube, in den letzteren Aspekten sind wir ziemlich gut, an den ersteren arbeiten wir.

Jetzt haben Sie immer gesagt, in den letzten Monaten, aber eigentlich schon zu Beginn, es ist ein Weg der kleinen Schritte, der Weg ist das Ziel. Jetzt gibt es durchaus Stimmen, die sagen wir bräuchten eigentlich mal einen Nordstern oder ein Leitbild für die Gruppe. Warum das nicht, aber der Weg der kleinen Schritte?

Eine Unternehmensgruppe hätte ja im Idealfall einen ganzen Sternenhimmel. Die hat nicht den einen Nordstern, sondern jedes Geschäft hat innerhalb seines Umfeldes seinen eigenen. Also würde ich mir jetzt nicht anmaßen zu sagen: „Ok, da muss dieser eine Nordstern sein.“ Wir machen tolle Produkte, wir denken wie Ingenieure, handeln sachlich, strukturiert, liefern hohe Qualität. In dem wie wir sind, welche Werte wir vertreten, sind wir eine Gruppe. Diese Werte und die Art, wie wir arbeiten, verbindet uns und ist auch unser Nordstern. Denn mit der Art wie wir arbeiten, begründen wir letztlich unseren Erfolg.

Sie sprechen von Werten, Sie sprechen von individuellen Anforderungen der Geschäfte. Trotzdem nochmal einmal konkret nachgefragt: die gemeinsame Zukunft von thyssenkrupp, was haben wir da zu erwarten?

Also die gemeinsame Zukunft von thyssenkrupp ist, wie eben gesagt, eine Zukunft, die den Erfolg in jedem Geschäft bedeuten soll. Und das verbindet uns: Zukunft für alle unsere Geschäfte. Wir haben uns dazu entschieden, uns immer wieder zu fragen: „Sind wir der beste Eigentümer für unsere Geschäfte? Können sich die Geschäfte in der Konstellation, in der sie bei uns heute sind und in der sie geführt werden, bestmöglich entwickeln?“ Für den Stahl, das haben wir auch diskutiert in der Aufsichtsratssitzung, denken wir gemeinsam mit dem Stahlvorstand, dass es besser sein könnte, wenn er sich selbst als alleinstehendes Unternehmen entwickelt. Stahl muss bei einer grünen Transformation führend sein. Wir sind der zweitgrößte Hersteller in Europa. Das sind Bedingungen und Herausforderungen, die ziemlich speziell sind. Die man besser meistern kann, wenn man sich ganz auf sich konzentrieren kann. Deshalb prüfen wir tatsächlich, ob das machbar ist für uns.

Wir werden nicht sicher wissen, ob das geht vor Anfang nächsten Jahres, aber wir strengen uns an. Auch dafür ist die wichtigste Voraussetzung eben die weitere Entwicklung und Verbesserung unserer Leistungsfähigkeit in allen Einheiten. Für die Unternehmen innerhalb der Gruppe, die als Unternehmensgruppe thyssenkrupp dann natürlich weiter aktiv sind, gelten ganz ähnliche Herausforderungen. Jedes Geschäft muss sich in sich entwickeln, dann ist auch die Gruppe leistungsstark.

Den Stahl haben Sie gerade schon angesprochen, der ja unmittelbar mit der Zukunft von thyssenkrupp in Verbindung gebracht wird. Aber auch sehr öffentlichkeitswirksame Themen, wie zum Beispiel der Wasserstoff. Das so in Kombination, wie würden Sie das sehen nach vorne?

Wasserstoff ist natürlich gerade ein supersexy Thema, wenn man das mal so sagen darf. Jeden Tag sind die Zeitungen voller Wasserstoff und wir haben das große Glück, dass wir mit Uhde und der Wasserelektrolyse jetzt sicher ziemlich weit vorne dabei sind, große Wachstumspotenziale haben und diese auch wahrnehmen wollen. Um sie wahrnehmen zu können, müssen wir aber Wachstumskapital haben. Denn es kostet ja was, wir müssen investieren. Deshalb überlegen wir uns einen kleinen Teil des Wasserstoff-Geschäftes zu veräußern, um Mittel, die wir dann einnehmen würden, direkt in das Geschäft investieren zu können. Das prüfen wir jetzt, da werden wir im Verlaufe des Sommers zu Ergebnissen kommen. Aber erstmal ist thyssenkrupp beim Thema Wasserstoff in einer sehr guten Position.

Die Verselbständigung des Stahls, habe ich ja eben schon gesagt, ist für uns eine Vorzugslösung und natürlich ist in dieser Vorzugslösung der Ausbau unserer Premiumposition wichtig. In der Automobilindustrie vor allen Dingen. Die wollen wir verteidigen und ausbauen und gleichzeitig den Stahl zum Grünen Stahl machen. Das ist nicht umsonst und ein langer Prozess, aber unser Team Stahl hat sich auf den Weg gemacht und wird die anspruchsvollen Ziele mit erheblichen Investitionen auch erreichen. Da braucht es jetzt Planungsprämissen. Sprich: regulatorische Rahmenbedingungen, die der Staat setzen muss. Da würde ich mir etwas mehr Klarheit wünschen, das wäre wichtig für das Team im Stahl. An unserem Willen gibt es keine Zweifel, aber wir brauchen natürlich regulatorische Rahmenbedingungen, um das optimal machen zu können. Stahl hat lange Jahre nicht ausreichend investieren können. Wir müssen da jetzt etwas nachholen und deswegen laufen auch erhebliche Investitionsmittel in den Stahl. Diese Performance zu entwickeln und auf die Straße zu bringen und das auch gleichzeitig in Profit umsetzen zu können und eben auch im positiven Mittelzufluss – das ist die anspruchsvolle Herausforderung für den Stahl.

Sie haben jetzt schon ein bisschen länger nach vorne geguckt. Kurzfristig, in den nächsten Monaten, was ist von thyssenkrupp zu erwarten?

Kurzfristig messen wir uns daran – und wir werden auch daran gemessen – unsere Leistungssteigerung nachzuweisen. Wir haben angekündigt, dass wir diesen Transformationsprozess in drei Jahren abschließen wollen. Das bedeutet, dass wir jetzt in jedem Quartal eine Verbesserung zeigen wollen. Diese Verbesserung entsteht nur durch Taten, nicht durch Worte. Insofern bleibt die Umsetzung unserer Programme und auch eine Beschleunigung ganz wichtig. Die Leistungssteigerung ist das wichtigste Ziel, Priorität 1 und 1 und 1. Und ich muss ehrlich gestehen, ich sehe das vollkommen sportlich. Ich denke wir haben richtig Fahrt aufgenommen und jetzt müssen wir diese Fahrt fortsetzen, unseren eigenen Ehrgeiz auch in Taten umsetzen. Dann wird es auch klappen, diese gemeinsame Kraftanstrengung. Ich bin zuversichtlich, insbesondere nach dem Pulse Check, dass unsere Mitarbeiter den Weg mitgehen wollen. Denn wer will nicht in einem erfolgreichen Unternehmen arbeiten, Herr Ettwig? Das wollen wir doch alle.

Dem würde ich niemals widersprechen und ich danke Ihnen für dieses fantastische Schlusswort. Frau Merz, vielen Dank für Ihre Zeit. Vielen Dank auch liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Sie mit dabei waren. Das war we.talk, unser Video-Podcast. Wir kommen wieder mit anderen Themen, natürlich mit anderen Kolleginnen und Kollegen. Vielen Dank, dass Sie dabei waren, bleiben Sie gesund, bis bald. Tschüss aus Essen.